Meine Hand ist motorisch. Sie will ihre Bewegungen wiederholen und variieren. Mit Hilfe meiner Finger habe ich versucht, diese Bewegungen als Abdruck aufzuzeichnen. Die beinahe gleiche Fingerbewegung schafft, zweimal auf das Papier mit Tusche gedrückt, zwei Aufzeichnungen - Zeichnungen, die große Ähnlichkeit aufweisen, aber nie gleich sind. Wenn die Hand den Spachtel als Werkzeug ergreift, verwandelt sich der Abdruck zu einem verbreiterten Strich. Hintereinander habe ich links und rechts meine Bewegungen mit dem Spachtel wiederholt - in der Hand liegt die Lebendigkeit, in der Farbmischung der Zufall. Der Spachtel drückt die Farbe anders ab, liegen auch nur Sekunden dazwischen. Je ähnlicher die beiden Bewegungsabdrücke sind, je mehr wird man beim Betrachten die subtilen Unterschiede entdecken. Das Auge vergleicht, indem es von einem Stück auf das andere blickt.
Die Erinnerung speichert das eine und legt es zum Vergleich auf das andere. Gäbe es ein drittes oder viertes Stück, wäre doch das Prinzip der Wiederholung schon in den beiden vorigen enthalten. Die Serie beginnt immer mit zwei Teilen - zwischen ihnen liegen die Variationen, die zum Vergleichen anregen. Die Wiederholung erzeugt den Unterschied.
Eva-Maria Schön Juli 2000